Ich habe mein Einsiedlerdasein aufgegeben. Wir, Linde und ich, sind gesiedelt (österreichisch für „umziehen“) und siedeln nun zu Zwein. Die Zweisiedelei befindet sich an der Brunnengasse 42 in 1160 Wien, direkt am berühmten Brunnenmarkt, mitten im bunten Treiben. Trotzdem ist es ruhig hier, denn alle Fenster der Wohnung gehen zu beiden Hausseiten auf ruhige, grüne Innenhöfe hinaus. Einmal mehr wird deutlich, dass Wien nicht ohne Grund die Stadt mit der höchsten Lebensqualität ist. Die Wohnung ist hell, vor den Fenstern findet Wetter statt, was an der Quellenstraße weniger der Fall war. Die Aussicht auf die Karmarschgasse wurde vom Wetter nicht sehr auf- oder abgewertet, was besonders bei Schlechtwetter auch recht angenehm sein konnte. In Lindes Neuwaldegger-Wohnung war das anders; hier konnte man außer dem Wechsel von Wetterlage und Jahreszeiten sogar Eichkätzchen (so heißen hier die Eichhörnchen) beim Turnen von Ast zu Ast beobachten, während die Tierwelt an der Quellenstraße neben verirrten Vögeln hauptsächlich aus sch…enden Hunden bestand. Hier an der Brunnengasse gibt es jetzt für mich sogar eine interne Tierwelt: Lindes Kater Joschi ist der Dritte im Bunde; er hat mich gnädig aufgenommen und lässt mich manchmal sogar auf dem Sofa oder im Lehnstuhl sitzen. Er ist sehr interessiert an allen technischen Dingen. Auf Laptops legt er sich am liebsten drauf und schnurrt dabei vor Begeisterung. Er befindet sich wieder wohl, nachdem er am zweiten Umsiedlungstag, als Monteure in der Wohnung waren und hämmerten und bohrten, sich fast den ganzen Tag unter dem Sofa unsichtbar gemacht hat. Jetzt geht er hoch erhobenen Schwanzes in der Wohnung herum und beschnuppert alles. Er macht aber jederzeit gerne Pause, wenn die Sonne hereinscheint – dann wirft er sich aufs Parkett und blinzelt ins Licht, als wolle er braun werden. Er genießt es genauso wie wir, dass nach der Hektik der Siedelei nun wieder etwas Ruhe und Beschaulichkeit eintritt und die Siedler langsam wieder sesshaft werden. Nun ja, aus meiner Sesshaftigkeit wird wohl bald wieder eine Ganghaftigkeit werden. Ich freue mich sehr darauf, meine fotografischen Streifzüge wieder aufzunehmen. Das bunte Treiben direkt vor der Haustür ist mehr als einladend, geradezu auffordernd …
Meine bisherige Einsiedler-Wohnung an der Quellenstraße besteht weiter. Ich gedenke sie saisonal möbliert an Theaterleute zu vermieten. Wenn sie frei ist, steht sie natürlich gerne auch Familie und Freunden offen. Für kürzere Wien-Aufenthalte eignet sie sich sogar für Zweisiedler. Anfragen könnte sich also lohnen!